Alfred Lang

University of Bern, Switzerland

Seminar Presentations 1998

Ueber Bedingungen und Wirkungen von Darstellungen von Menschen mit ihren Dingen in ihren Räumen

1998.00

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Unterlagen und Beiträge zum Seminar von Prof. Norberto Gramaccini und Prof. Alfred Lang: Innenleben und Aussenwelt (WS 1998/99)

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Inhalt

   

Seminarbeitrag Alfred Lang am 5.11.98
Nachtrag: Aus der Seminarsitzung vom 5.11.98

Seminarankündigungen A.L. und N.G. und Programm


Seminarbeitrag Alfred Lang am 5.11.98

(Tischvorlage der Sitzung, leicht überarbeitet)

1. Wir können beobachten, dass Menschen Teile ihrer Umgebung eingermassen systematisch verändern: sie bauen Häuser mit Räumen und richten sie mit ihren Dingen ein. Davon haben sie ein Pendant im Kopf, nicht nur eine Repräsentation, sondern auch Erwartungen und Befürchtungen über diese gesamte Umwelt und Verfahrensregeln mit ihr umzugehen, kurz, einen beträchtlichen und dynamischen Kontext einschliesslich Geschichten seiner Herkunft und Möglichkeiten seines Gangs in Zukunft.

2. Für mich sind Darstellungen von Dingen in Räumen und Darstellungen von Menschen und deren Verhältnis zu realen Menschen und realen Dingen/Räumen ein wichtiges Arbeitsfeld für die Gewinnung und Erprobung von Begrifflichkeiten und Verständnis der menschlichen Kondition (--> semiotische Oekologie)

3. Von einem "neutralen" Standort aus (der natürlich auch nichts anderes als ein (eine Gruppe von) Mensch(en) und die mithilfe seiner (ihrer) Darstellungsmittel generierten Darstellungen, also ein Teil seines Interessenfeldes ist) lassen sich eine Reihe von Relationen aufweisen (vgl. schematische Bilder A-I-01 und A-I-02); Liste der Relationen offen, Siglen nehmen Nachfolgendes vorweg):

Relata und Realtionen sind hier in einer quasi-statischen Attitude dargestellt. Sollen in ein evolutives Geschehen eingebracht und dynamisch begriffen werden.

1. Mensch in der Welt (seiner Umwelt) (T-G)

2. Psychische Organisation (instinkt- und erfahrungsgetragen) als Anaform der Umwelt (teilweise erlebt als menschliche Vorstellung oder innere Darstellung seiner Umwelt) (T-G indirekt; I-A)

3. In der psych. Org. eine Darstellung des Menschen in der Welt (T-G, "I-A") (Sekundarisierungsstufen)

4. Mensch baut Haus: Haus in der Welt (T-G: I-A)

5. Mensch im Haus (T-G) in der Welt (T-G)

6. Im Kopf des Menschen das Haus in der Welt (I-A(T-G))

7. Im Kopf des Menschen der Mensch im Haus in der Welt (I-A(I-A(T-G)))

8. Wie Mensch die Umwelt im Kopf hat, durch ein Fenster ins Haus geliefert bekommt, kann er auf die Idee kommen, die Umwelt auch im Haus darzustellen, ohne sein Dazutun: Bild von Teilen der Umwelt im Haus (T-G)

9. Bild oder Darstellung des Hauses in der Welt ……

10. ……

11. Im Kopf des Betrachters (das Bild im Raum des Hauses in der Welt (von einem andern Raum in einem anderen Haus in der Welt))

 

A-I-01

 

 

A-I-02

 

4. Zum Vorgehen möchte ich einer Regel folgen, dass wir nie "Substanzen" ("Etwase", Gebilde, gar Gebildeklassen, etc.) zu erforschen versuchen sollten, sondern besser die Beobachtung und begriffliche Fassung und das Zusammenspiel von Relationen anhand von konkreten Fällen untersuchen. Denn Gebilde sind natürlich nur Gebilde für uns, abhängig von unseren Wahrnehmungs- und Denkmöglichkeiten; damit sind sie aber in unserer Fassung eigentlich eine Relation des Gebildes zu uns. Das ist durchaus wenig interessant und vor allem riskant, wenn wir daraus Schlussfolgerungen ziehen wollen, die über uns, den spezifischen Teil dieser Relation hinausreichen sollen. Und das will ja schliesslich Wissenschaft.

4.1. Uns soll nicht so sehr interessieren, wie die Dinge auf uns wirken als wie sie aufeinander wirken; nur wenn wir das verstehen, können wir ihr Wirken auf uns befreit von apriorischen Konzeptionen von uns selbst nachvollziehen.

4.2. Wir als Beobachter etc. sind weitgehend neutralisiert, wenn wir die Methode auf Vergleiche ausrichten. Wenn ich etwas Figürliches in einem Geschehens-Kontext zu verschiedenen Zeitpunkten fasse und dann seinen Wandel durch die mehreren Fassungen vergleiche, kann ich meinen Beitrag in diesen Fassungen unter entsprechenden Kontrollen für minimal halten; mithin enthält der Vergleich dieser Fassungen wenig oder fast nichts mehr von mir. Aehnlich, wenn ich Figürliches nach Aehnlichkeit zusammenbringe und mein Verständnis aus Vergleichen ableite; hier kann allerdings die Klassenbildung stark von mir bestimmt sein, so dass die vertikale oder genetische Zugangsweise vor der horizontalen oder direkt vergleichenden den Vorzug verdient. Die genetische Methode bringt realistischere Einsichten; die direkt-vergleichende geht ein Nominalismus-Risiko ein.

5. Zwei verwandte und sehr fundamentale Prinzipien dürften auf dieser Grundlage bedeutungsvoll sein und sollen als Leitlinien dienen: das Teil-Ganzes-Prinzip und das Innen-Aussen-Prinzip. Beide Prinzipien betreffen eine Relation von etwas Engerem zu etwas Weiterem. Beide Prinzipien sind Verallgemeinerungen dessen, was der Fall ist, wenn wir unsere Aufmerksamkeit einer Sache zuwenden. Diese Sache oder Figur ist nämlich für unsere Verarbeitung--perzeptiv, kognitiv, emotional und aktional--durchaus nicht allein massgebend, sondern was etwas in der Verarbeitung ist oder wird, ist stets auch von einem weiteren Umfeld bestimmt. Wenn man den Begriff weit genug zu fassen bereit ist, kann man vom Figur-Grund-Prinzip als dem übergeordneten Prinzip sprechen. (Verweis auf Rubin und Elias.) Das I-A-Prinzip scheint beobachtungsnäher, konkreter; das T-G-Prinzip zugleich abstrakter und inhaltlich spezifischer, insofern es nicht nur auf einer Abgrenzung und einer Inklusionsrelation beruht, sondern die selbständige Existenz des Teils, sein Abhängigkeit vom Ganzen (und evb. auch umgekehrt) betont; dabei wird die Abgrenzung relativ, ebensosehr eine Einbindung ins umgebende und eben dann auch übergeordnete Ganze.

6. Das Innen-Aussen-Prinzip meint

6.1. Figurbildung (vom Innen; das Aussen offen oder figürlich)
6.2. Inklusion (stark)
6.3. Abgrenzung (welcher Art? Membranprinzip)

7. Das Teil-Ganzes-Prinzip verweist

7.1. Selbständige (elementare) und unselbständige (figürliche) Teile
7.2. Inklusion (relativiert)
7.3. Interaktion (einseitig oder wechselweise; symmetrisch oder asymmetrisch)

8. Damit stellt sich die Aufgabe, diese Relata aus ihren Relationen zu charakterisieren. Sind sie aus den Relationen bestimmt oder bestimmen sie die Relationen? Oder trifft beides zu? In welcher Weise? Das mag zunächst wie eine Huhn-Ei-Frage anmuten und in der evolutiven Genese bestimmen sie einander notwendig wechselweise. In der Ideengeschichte des Abendlandes hat man generell den Substanzen den Vorzug gegenüber den Relationen gegeben. Wahrscheinlich hat dies während mehr als zwei Jahrtausenden den Blick auf die evolutive Wirklichkeit verstellt. Ich neige daher dazu, gewissermassen in strategischer Absicht, den Relationen einen vorläufigen Primat einzuräumen.

9. Es handelt sich bei diesen Relationen und Relata offensichtlich nicht um ein für allemal bestehende Entitäten. Sie sind vielmehr als Prozesse der Strukturbildungen und Strukturwandlungen in Prozessen evolutiver Systeme zu verstehen. Damit ist eine Begrifflichkeit nötig, welche deren Genese und Wandel darstellen kann. Eine solche ist die semiotische Ökologie.

10. Semiotische Ökologie

Als "vorsemiotischer" Einstieg ist 'Concrete Mind' Heuristic 93 empfehlenswert; semiotisch und näher an der Kunst ist Denkmäler: Steine zum Anstossen 97. Zur Vertiefung die Arbeiten aus SemEcoPro und GenSem, besonders: Externe Seele 92 und Zeichen innen/aussen 93; am umfassendsten Semion Baustein Bindekraft 98. Aber viele weitere Papier können ergiebig sein, auch die Bande Dessinée über die Seele innen und aussen. Zur Sekundarisierung: Freiheit Sekundärsysteme 91.Von den Arbeiten über Wohnen ("Menschen mit ihren Dingen in ihren Räumen") und direkter zum Seminarthema: Innen-Aussen &Schaer 97.

Eine Eigenheit der semiotischen Ökologie bedarf besonderer Erwähnung, weil sie unseren Denkgewohnheiten nicht entspricht. Wir stellen als Subjekte uns die Welt gegenüber und fassen "Subjektive" und "Objektives" in je verschiedenen Begriffen ( vgl. den Denkmäler-Aufsatz). Dieser Dualismus mit seinen vielen Facetten hat im Lauf der Jahrhunderte jedem Menge ungelöster Probleme, zB der Ontologie, Erkenntnistheorie, der Ethik) hervorgebracht, die sich als Scheinprobleme erweisen, wenn man diese Gegenüberstellung einfach aufgibt. Denn es gibt nichts ausser Denkgewohnheiten, die sie erforderlich machen könnte. In der Regel betrachten wir Werke der menschlichen Hände, des Geistes u.dgl., dh Strukturen, die zwischen den Menschen gebildet werden, als symbolische Formen, welche anderen Menschen über die Sinne Bedeutungen vermitteln können. Betrachtet man jene Strukturen, die in Menschen und Lebewesen überhaupt, insbesondere in den Köpfen der erfahrungsbildenden Lebewesen, gebildet werden, als grundsätzlich in ähnlicher Weise als symbolische Formen, welche Bedeutungen tragen und vermitteln können, so entfällt jener Gegensatz.

Ich füge hier die wichtigsten Begriffe der semiotischen Ökologie in einer Reihenfolge an, welche zur Aneigung des Begriffsystems besonders geeignet ist:

10.1. Strukturbildungen und -wandel

10.2. Semiose und Semionen

10.3. Funktionskreis (-spirale) in vier Phasen: IntrO-, IntrA-, ExtrO-, Extra-Semiose

10.4. Kulturbegriff bezüglich der korrespondierenden Genese oder wechselweisen Konstitution von Person und Kultur als Fortführung der Differenzierung von Individuum und Umwelt im Bereich des Lebens.

10.5 Affinität

10.6 Sekundarisierung

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Nachtrag: Aus der Seminarsitzung vom 5.11.98

Die Bande dessinée über die Seele in und zwischen den Köpfen, die ich zur Einführung gezeigt habe, ist als Strichzeichnung auf dem Netz zugänglich, farbig auf der CD-ROM ExtrALang, Festschrift aus Anlass der Emeritierung.

Mein Anliegen ist es gewesen, das Interieurbild, das wir wissenschaftlich anschauen und zu deuten versuchen, als Ergebnis eines evolutiven Prozesses zu begreifen, das heisst, verschiedene Möglichkeiten von Interieurbildern in den Kulturen der Welt und in ihren jeweiligen Entwicklungsgeschichten (Epochen, Stile etc.) zu verorten.

Dazu versuche ich einerseits eine Rekonstruktion der Lage, in der solche Bilder gemacht und benutzt werden, in Form eines Relationensystems, wie es in seiner Genese gedacht werden kann. Natürlich setzt jedes Interieurbild eine Reihe von Relata voraus: darunter mehrere

Anderseits stelle ich unter der Bezeichnung Semiotische Ökologie ein Begriffssystem zu Verfügung, mit dessen Hilfe sich solche Strukturbildungen aus ihrer Genese heraus und in ihren Relationen darstellen lassen. Für dessen Rezeption bediente ich mich des Funktionskreisdiagramms, welches auch als Emblem dieser Website Verwendung findet. Dieses und die Begriff der generativen Semiose und des Semions zu begreiffen, bedarf sicher einiger Anstrengung und geht kaumj auf einen Schlag. Hat man es einmal begriffen, erweist es sich als einfach.

Mit den zwei schematischen Darstellungen A-I-01 und A-I-02 wollte ich an das Relationensystem, dass in Punkt (3) oben etwas weitergehend, aber nicht entfernt vollständig in Listenform ausgeführt ist, heranführen. Mit Recht wurde ich darauf hingewiesen, dass entgegen meiner genetischen Theorie in den Bildern der Weltausschnitt (Haus, Garten, Baum) in den verschiedenen Darstellungen (im Kpf, in den Bildern) immer identisch wiedergegeben ist. Das muss ich korrigieren und überhaupt die Begrenzung, die durch nur 2 Phasen entsteht, in eine Bande dessiné differenzieren, welche die Geschichte der Genese von Interieurbildern klarer annähert, indem sie den dialogisch-evolutiven Charakter dieser Genese aufweist.

Denn jede Semiose, als generativ-triadische Relation verstanden, ist ja (im Unterschied zu den üblichen Verursachungsvorstellungen) geeignet, Innovation einzuführen. In jeder Semiose, dem Zusammenwirken von einander affinen Referenz und Interpretanz wird deren Präsentanz generiert (gebildet), modifiziert, aktualisiert oder aufgelöst. Die üblichen Verursachungsvorstellungen sind wie gebannt auf das Gleichbleiben der Welt gerichtet und verpassen deren Wandel. Zur Einführung des Zufalls genötigt geraten sie in ein seltsames Verhältnis zur Wirklichkeit. Die üblichen (nicht-generativen) Semiosevorstellungen schränken sich ebenfalls "freiwillig"

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Innenleben -- Aussenwelt

Ankündigung eines Seminar im Institut für Kunstgeschichte

Prof. Norberto Gramaccini, gemeinsam mit Prof.em. Alfred Lang

 

Menschen bauen nicht nur Wohnanlagen und statten sie mit allerlei Dingen, schönen, nützlichen etc. aus, sondern haben solche Interieurs auch bildnerisch festgehalten oder fantasiert, wirkliche und mögliche, bewohnbare und unbewohnbare; solche Darstellungen bilden nicht selten einen Teil jener Ausstattungen. Während solche Darstellungen zunächst ein reichhaltiges historisches Material bilden, anhand dessen die Entwicklung des Wohnens, des Innenlebens im wörtlichen Sinn, untersucht und rekonstruiert werden kann. Manche dieser Darstellungen bieten Blicke in die weitere Umgebung, welche wie zusätzliche Fenster und Türen Aspekte des Aussenlebens, wiederum wirkliche und erfundene zeigen. Diese Darstellungen zeigen im Epchenwandel und im Kulturenvergleich beträchtliche Variationen. Daraus lässt sich schliessen, dass das reale und das gezeigte Interieur nicht nur in einem faszinierenden Spannungsverhältnis zur weiteren Umwelt stehen, sondern überdies das Innenleben der in den Räumen Wohnenden in einem übertragenen Sinn mutmasslich ebenso sehr ausdrücken wie beeinflussen. Denn die Interieurs, ob real oder bildlich, sind ja ihrerseits Teil der Umwelt dieser Menschen. Und die Menschen machen ihre eigene Umwelt und damit auch einander selbst. Ein Indiz dafür ist, dass in der ostasiatischen Malerei, in China und Japan jedenfalls, Interieur-Darstellungen, wie wir sie kennen, vor dem europäischen Einfluss nicht üblich waren.

Wenn wir vom Ausgangspunkt "Interieur" die Spannungsfelder zur weiteren Umwelt und zur psychischen Innenwelt in Aspekten ihres historischen Werdens und in ausgewählten kulturellen Varianten zu rekonstruieren versuchen, stellen sich wichtige Fragen der begrifflichen Fassung dieser Beziehungen und der Relevanz dieser Beziehungen für das Verständnis der menschlichen Kondition. Daraus begründet sich die Zusammenarbeit zwischen Kunsthistoriker und Psychologe.

Herr Gramaccini und ich möchten in diesem Seminar theoretische Perspektiven mit einem Material in seiner Geschichte verarbeiten und präzisieren. Ich gehe davon aus, dass aus der semiotischen Oekologie einige aufschlussreiche Heuristiken zu gewinnen sind, welche die Herstellung und den Gebrauch von Interieurs sowie deren Faszination und Entwicklung zu beleuchten vermögen. Der Begriff der Sekundarisierung und die semiotische Durchdringung der verschiedenen Teil-Ganzes und Innen-Aussen-Relationen, welche zwischen Menschen und ihrer Welt, der Umwelt und der Psyche, den Darstellungen von Aussen- und Innenraum bestehen, werden eine zentrale Rolle spielen.

Der Zeitplan sieht vor, in der ersten Stunde am 29.10. anhand einiger Bilder einen Einstieg zu gewinnen. Die Sudierenden sind aufgefordert, sich ein oder zwei wichtige Bilder zu "eigen" zu machen und deren Hintergründe näher zu studieren, um Verlauf des Semesters bei sich bietenden Gelegenheiten zu verwenden.

Am 5.11. wird A. Lang anhand eines Papiers eine Skizze seiner Ideen zu den genannten Relationen darlegen.

Am 12.11. wird N. Gramaccini einen Ueberblick über die Geschichte der Interieur-Malerei geben.

Anfang Dezember werden wir eine Exkursion nach Frankfurt a.M. ins Staedel-Museum machen, wo derzeit eine Ausstellung zum Thema besteht.

Anschliessend werden wir eine Reihe von Bildern bzw. Interieurs in ihrem Entstehungs und Wirkungszusammenhang untersuchen und versuchen uns ein gründlicheres Verständnis dieses Bildtyps zu machen.

Einige Einsichten in solche Fragen lassen sich gewinnen in Langs Beitrag zu einem Gemeinschaftsseminar der phil.-hist. Fakultät

Ich werde versuchen, auf dem Netz die Unterlagen zum Seminar laufend zugänglich zu machen. Ich beginne mit den aufgrund der Diskussion im Seminar ergänzten Unterlage zu Alfred Lang's einführendem Beitrag am 5.11.

A.L.

 

Vorlesung Prof. Gramaccini: Innenleben - Die Kunst des Interieurs vom Mittelalter bis zur Gegenwart.

Montag 16-18. Beginn: Mo 26. Okt. 1998, Hauptgebäude der Universität, HS 57

Mich beschäftigt das sprechende Interieur als Schlüssel für vergangene und für gegenwärtige Existenz. Ich möchte erfahren, was es war, wie es war, warum es sich verändert hat und wohin es uns geführt hat. Es geht um eine Kulturgeschichte des Innenlebens, die die Positionen des Realienkundlers, des Connoisseurs, des Soziologen und des Psychologen nach Bedarf vereint. Man erwarte sich daher keine Geschichte des Mobiliars von der Antike bis zur Gegenwart wie sie Viollet-le-Duc und Jacob von Falke im vergangenen Jahrhundert veröffentlicht haben, keine Stilgeschichte des Interieurs nach Jahrhunderten in der Nachfolge von Peter Thornton, noch eine Histoire de la Vie Privée, bei der das Innenleben das Interieur kaltstellt, wie die fünfbändige Publikation von Georges Duby und Philippe Ariès. Im Vordergrund steht der Wandel. Gerade das Interieur lehrt uns, dass keineswegs alles beim Alten geblieben ist. Zwar hat es Häuslichkeit an sich schon immer gegeben. Menschen haben zu allen Zeiten unter einem Dach gewohnt. Zuhause haben sie geschlafen, gegessen, ihre Kinder gezeugt und grossgezogen, private Gewohnheiten und Bequemlichkeiten gepflegt oder nur vor sich hinsinniert, genauso wie wir es heute tun. Bei einer feineren Einstellung aber gewahrt man gravierende Veränderungen. Es ist nicht dasselbe, ob der Höhlenbewohner ins Feuer stierte, von grosser Beute träumend, oder ob die moderne Familie vor dem Fernseher sitzt. Das Gastmahl der Griechen und Römer unterschied sich von den heutigen Abendgesellschaften nicht nur hinsichtlich des Liegens oder Sitzens bei Tische, sondern auch einer grundsätzlich anderen Auffassung von Geselligkeit. Brach der Mensch des Mittelalters sein Brot bei Tische, dachte er vermutlich an etwas anderes als die Besucher eines Restaurant dieser Tage, die pane e coperto zahlen. Die Frau des Hauses in der frühen Neuzeit versah andere Dienste und hatte eine andere Stellung als ihre berufstätigen Schwestern des 20. Jahrhunderts, und auch der Hausherr war ein anderer, je nachdem ob er über ein Studiolo, ein Billardzimmer oder einen Hobbyraum verfügen durfte. In einem Haus alten Stils lebte es sich anders als in dem modernen Apartment. Die Ausstattungsgegenstände sprechen eine beredte Sprache. Es ist diese Mikroebene des tatsächlichen zwischenmenschlichen Umgangs mit dem Interieur, die interessiert. Sie erzählt vom Wandel der Menschheit

Empfohlene Literatur:

N.G.

 

29.9.98 Überblick

5.11. Einführung Alfred Lang

12.11. Einführung Norberto Gramaccini

19.11. Historischen Museum (nachgestellte Räume aus verschiedenen Epochen, u.a. Burgunderzelt Karls des Kühnen)

26.11. Vermeer -- Brouwer

3.12. Museum in Jegensdorf

10.12. Boucher -- Hogarth

17.12. Degas -- Menzel

7.1.99 van Gogh -- Valloton

14.1. Hopper -- Hamilton

21.1.Interieur-Fotos; Puppenhäuser

28.1. Küchen in der Werbung

4.2. Konstitution und Darstellung von (Innen-)raum in Ostasient (Christoph Ebell)

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