Alfred Lang

Emblem30

University of Berne, Switzerland


@Classified List

38 KB 12 items

@HumComp -- Human-Comuter-Interface

@HumComp -- Mensch-Computer-Schnittstelle


Mein Interesse an der Mensch-Computer-Schnittstelle erwuchs aus einem doppelten Interesse:

(a) Aus der Praxis des Computergebrauchs: Noch Ende der 50er Jahre als Student hatte ich gelernt, einen damaligen "Grosscomputer" nicht nur zu programmieren, sondern zur statistischen Auswertung von grösseren Datensätzen (nicht selten in langen Nächten von einer mitgebrachten Luftmatraze aus) auch zu bedienen. Im Jahrzehnt darauf hatte ich manche eigenen und fremden Datensätze auzuwerten, solche aus Projekten meines Professors und seiner anderen Mitarbeiter wie von Studierenden, die ich als Assisstent begleitete. In den 70er Jahren begann ich dies zu meiden, überwiegend aus methodologischer Skepsis. Offensichtlich verleitete die Automatisierung der Rechnungsarbeiten in zu Forschung als "Wissensproduktion" nach einer Art Fliessbandverfahren. Ende der 70er Jahre wollte ich prüfen, ob die aufkommenden Mikrocomputer Spielzeuge oder Arbeitsinstrumente werden könnten. So war ich einer der ersten in meinem Umfeld, der mit einer S-100-Bus-Gerät Texte, Modellrechnungen und Graphiken zu erarbeiten begann und der sich für eine sinnvollen Einsatz dieser "intelligenten" Maschinen in den Geisteswissenschaften einsetzte. In den frühen 80er Jahren konnte ich als Experte in diesen Dingen gelten.

(b) Aus einem Interesse an einem sinnvollen Verhältnis zwischen dem Menschen und ihren "intelloigenten" Maschinen. Diese Maschinen, als zentralisiert gesteuerte Prozessoren mit Eingabe- und Ausgabeeinrichtungen, wurden in den 60er und 70er Jahrend zunehmend zur leitenden Modellvorstellung für psychologische Forschung und sind daher für das Menschenbild von grosser Bedeutung geworden. Das steht nicht nur im Widerspruch zur üblichen Behauptung der Psychologen, mit dem Menschenbild hätten sie nichts zu tun. Es ist auch eine Art und Weise, die Menschen zu denken, welche im wissenschaftlich-technischen Zeitalter einen starken Appeal entwickelt, obwohl es offensichtlich höchst problematisch ist. Denn es präjudiziert und vollended ein mechanistisches Weltbild mit einem ebensolchen Menschenbild, was in einem klaren Widerspruch steht zu der Art und Weise, wie die meisten modernen Menschengesellschaften sich verstehen und verfassen: als freie und verantwortliche Individuen, ob mit oder ohne göttlichen Plan. Die üblichen Formen von Strafrecht beispielsweise sind unvereinbar mit einem mechanistischen Menschenbild.

Nun glaube ich zwar, dass die Psychologie von expliziteren und vor allem bedeutungsorientierten anstatt mechanistischen Vorstellungen darüber, wie Menschen in der Welt sind, gewinnen könnte; doch der Computer mit seinen extrem restringierten Bezug auf seine Umgebung durch Ein- und Augangs"kanäle" mit ein-eindeutiger zweiwertiger Kodierung und mit seinem rein passiven und nahezu ausschliesslich ortsadressiertem 'Gedächtnis' ist wirklich alles andere als eine gute Metapher oder Anleitung, menschliches Dasein zu begreifen. Hingegen ist der Computer eine ungemein effektive Erweiterung mancher Aspekte des menschlichen Denkens. Die zentralen Frage müss dann lauten: in welches Verhältnis bringt man Menschen und ihre Computer, wie wirken sie aufeinander ein, wie operieren sie als Paar? Was machen Menschen mit ihren Computern anders als ohne. Was machen Computer mir ihren Menschen.

In jender Pionierzeit der 80er Jahre (ich schreibe dies rückblickend 1998 und 2003) hätte das eine erregende Frage werden könne.

 

(12) Lang, Alfred (1990-04) Über die Tiefen der Schnittstelle -- Gedanken zum computerunterstützten Menschen(bild). Bulletin der Schweizer Psychologen (BSP) 12(6 Juni) 19-22.

@HumComp @EnvPsy @SciPol


(11) Lang, Alfred (1990-02) Vom Bildungspotential der Mensch-Computer-Beziehung: ein Versuch zur Aufarbeitung einer verpassten Revolution. Informatik und Unterricht (12) 7-17.

@HumComp @EnvPsy @CuPsy @Educ

Revison des Vortrags in Valbella, 1989


(10) Lang, Alfred (1989-06) Lehrer brauchen Neue Informationstechnologien -- Neue Informationstechnologien brauchen Lehrer: Nachdenken über die Mensch-Computer-Beziehung. Erziehungsdirektorenkonferenz (Ed.) Lehrerbildung in Informatik. Bern, EDK. 15 Pp. Eröffnungsreferat, Valbella, 1.6.89.

@HumComp @EnvPsy @CuPsy @Educ

Publiziert 1990 in Informatik und Unterricht (vgl. 1990-02)


(9) Lang, Alfred & Fuhrer, Urs (1989-05) Erkenntnis und Praxis des Mensch-Computer-Verhältnisses. Bern, Psychologisches Institut der Universität. 24 Pp. unpubl. Zeitschriftenaufsatz

@HumComp @EnvPsy @CuPsy

Der Computer ist für die Psychologen in zwei Hinsichten wichtig geworden. Einerseits ist die Psychologie zu einem Beitrag zur Optimalisierung seiner Instrumentalität als Datenverarbeitungswerkzeug aufgerufen. Anderseits hat sie sich seiner als Modell für den Menschen bemächtigt. Diese beiden Umgangsweisen mit dem Computer werden anhand einer globalen Literaturübersicht kritisch betrachtet und mit den Thesen konfrontiert, (a) der Computer sei nur im Verein mit dem ihn benutzenden Menschen überhaupt zu verstehen, und (b) die Computer-Metapher als Erklärungsmodell sei höchst bedenklich. Zur Erläuterung dieser Thesen werden Mensch und Computer in einigen ihrer typischen Merkmale aufgewiesen und verglichen. Ferner wird die "Schnittstelle" zwischen den beiden Teilen oder "Partnern" im kombinierten informationsverarbeitenden System hinsichtlich Stand und Lücken der psychologischen Forschung untersucht, dies auf den drei Ebenen der Ergonomie, der symbolisch-kognitiven Prozesse und der sozio-kulturellen Bedingungen und Folgen.

The computer has become important for psychologists in two respects. Firstly, psychology is called up to contribute towards an optimalization of its instrumentality as a data processing device. Secondly, psychology has seized upon the computer as a model of man. On the basis of a global literature review, both of these types of intercourse with the computer are evaluated and confronted with the theses (a) that computers are bound to be misunderstood if separated from their bond with the user, and (b) that the computer-metapher for modeling man will prove to become a serious hazard. Both theses are illustrated by pointing out and comparing some typical characters of humans and computers. In addition the "interface" between the two parts of or "partners" within the combined information processing system is investigated on three levels, i.e. the ergonomic, the symbolic-cognitive, and the socio-cultural level, as to the state and needs of psychological research.


(8) Lang, Alfred (1988-05) Binär- und andere Logik: über mögliche Gründe des Scheiterns, mithilfe der Binärlogik systemisch zu denken. (Fragmente zu einem methodologischen Aufsatz.) Bern, Psychologisches Institut, August 1988.

@SciTheo @Method @HumComp


Wenn wir sogenannte Systeme beschreiben, verwenden wir oft eine eigene "systemische" Sprache. Für den wissenschaftlichen Diskurs müssen wir diesen Jargon in eine binärlogische Form übersetzen, dh wir müssen alle Begriffe und Relationen so verwenden, dass für sie der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gilt. Die Wissenschaftler scheinen dieser Forderung entweder mit Abgrenzungssetzungen zu entsprechen oder ihr auszuweichen. Das erste ist bei menschgemachten, maschinellen Systemen angemessen und bei manchen physiko-chemischen Systemen möglich; bei Systemen mit biologischen, psychologischen und soziologischen Inhalten bleibt jedoch nicht selten unscharf oder mehrdeutig, was die "Kästchen" darstellen und was über die "Pfeile" fliesst. Hier wird deshalb die These vertreten, dass die Binärlogik den ökologischen Systemen nicht gerecht werde. Derzeit verfügen wir über eine einzige allgemeine Theorie der Information, die binärlogische Informationstheorie. Lässt sich ein dem Geschehen in komplexen System adäquater Informationsbegriff denken? Und gibt es Möglichkeiten der Strukturbeschreibung, welche der Ganzbestimmtheit von Teilen gerecht wird?

In die Bereiche bio-psycho-soziologischer Wissenschaftstätigkeit sind mit partiellen Erfolgen Denkweisen, Begriffe und Methoden aus der Beschäftigung mit Materie und Energie übertragen worden. Das ist wohl problematisch. Denn hier spielt Bedeutung die grösste Rolle. Bedeutung kann nur für einige und eigentlich unwesentliche Aspkete wie Quantitäten oder Transport und nur dann mechanistisch bearbeitet werden, wenn sie ein-eindeutig auf Symbole reduziert werden kann. Die Methode präjudiziert dann das Verständnis in einem Mass, dass man die Ergebnisse nur mit Misstrauen betrachten muss. Es handelt sich wohl um einen Jahrhundert-Irrweg. Das heisst nicht dass der hermeneutisch-geisteswissenschaftliche Zugang die Probleme, die sich in diesen Bereichen stellen, adäquater angeht. Ganz und gar nicht; denn einmal in Worte übersetzt, wird der Umgang mit diesen Symbolen diffus und mehrdeutig und jedes Ergebnis wird seinerseits deutungsabhängig, so dass ein gleiches Misstrauen angebracht ist. Die Frage stellt sich, ob es nicht einen dritten Weg geben müsste.

In diesem Text wollte ich diese Aussagen erläutern. Ob in der skizzierten Ausweitung des Informationsbegriffs eine Zukunft liegt, wird dessen Konkretisierung in vielen Disziplinen erweisen müssen.

Hier sind einige der Fragmente dieses nie vollendeten Projekts. Es wurde durch die Entwicklung der generativen Semiotik und der semiotischen Oekologie, welche ja ein offene Logik darstellen, und deren wesentlich weiteren Rahmenüberholt.

Ratio und Affekt, zwischen Ordnung und Antrieb.

Die Philosophen und Psychologen haben sich fast stets entweder dem einen oder dem andern zugewandt, Descartes und Piaget dem Denken, Nietzsche und Freud dem Affekt.

Die Einen denken sich die Natur des Menschen von rationalem Charakter, also letztlich von der Art einer Maschine wie der Computer. Ja ist dann ja, und nein ist nein; ein Drittes gibt es nicht. Alles Diffuse, alles Ungefähre, aber auch alles Einmalige, alles Schreckliche, auch alles Heilige ist dann bloss ein Flecken im Reinheft, eine vorläufige Unvollkommenheit, vielleicht sogar ein Fehler, den es auszumerzen gilt. Für diese Sicht der Menschennatur ist der Computer eine Hoffnung. Er repräsentiert die absolute Rationalität. Und wenn schon der Mensch immer wieder unter Stimmungen und Schwächen leidet, so hat er doch, würden einige sagen, wenigstens in seiner Maschine sich vervollkommnet..

Für die Andern ist der Computer eine Gegenwelt zum eigentlichen Menschsein, zum Leben. Durch ihn droht die Erstarrung, die Zerstörung des Einzigartigen, desSchöpferischen, des Individuellen. Lebendige Systeme sind offene Systeme und sie befinden sich in einer prinzipiell nicht vorhersagbaren Entwicklung. In der Tat schreitet die Evolution der Arten zwar fort, aber sie hat kein Ziel.Ähnlich ist es mit der Entwicklung der individuellen Person vom Säugling bis ins hohe Alter. Wohl sind bei bekannten Rahmenbedingungen angenäherteVorhersagen über Entwicklungen möglich. Aber entscheidend für die Existenz der Person ist eine Freiheit, eine wirkliche oder eine vorgestellte Freiheit. Denn eine Person wird im Lauf ihres Lebens, stark von den Situationen und Erfahrungen bestimmt, die sie im Lauf ihres Lebens antrifft und darauf eingeht. Sie kann Situationen suchen oder meiden. Prinzipiell und mit zunehmender Erfahrung mit immer mehr und besserer Einsicht in die möglichen Folgen des sich auf etwas Einlassens.

Im Verhältnis dazu ist der Computer eine Maschine, d.h. unfrei, berechenbar, vorausbestimmt. Und damit haben wir die Wertfrage präzisiert, von der wir ausgegangen sind.

Denn die Trennung von Ratio und Leben hat auch eine moralische Dimension. In einer durchrationalisierten Lebenswelt gibt es keine Moral mehr, weil es kein eFreiheit gibt. Gut und schlecht werden durch richtig oder falsch abgelöst, und es gibt eine einzige Instanz, eben die Ratio (oder diejenigen, die darüber verfügen, bzw. über Mittel sich in Propaganda und Herrschaft durchzusetzen, so dass Ratio manchmal bloss eine Schein-Ratio ist), welche darüber entscheidet, was man zu tun hat und was nicht.

Eine rational organisierte Gemeinschaft kann funktionieren, weil sie einem Ameisenstaat gleicht. Die abendländische Zivilisation ist durch ihre Rechtsinstitutionen einen Schritt in diese Richtung gegangen. Sie hat eine blühende Kultur hervorgebracht. Der umfassende Machbarkeitsglaube, vom Umgestalten der Erde bis zur Manipulation des Lebens und der Psyche, entstammt dem Vertrauen in die Ratio. Es ist allerdings bedenklich, dass diese Tendenz zur Herrschaft der Ratio, die ja eigentlich in der weltweiten Wohlfahrtsidee gipfelt, so eng mit einem schrankenlosen Hedonismus einhergeht, sei es, dass sie ihm entstammt, sei es, dass sie ihn hervorbringt. Einige fürchten heute, dass die Ratio, d.h. die Wissenschaft, Amok läuft. Immerhin haben wir bis jetzt, wenigstens in den westlichen Gesellschaften, vermieden, die Freiheit der Person und die Schuldfähigkeit des Individuums ernstlich anzutasten. Der Computer bringt die Fähigkeit dazu und damit die Versuchung, die totale Gesellschaft, das verschriebene Glück für alle, zu realisieren, in einem stärkeren Ausmass als alle früher erfundenen Maschinen.

Muss man also, sofern man der Faszination der totalen Sozialutopie nicht erlegen ist, den Computer bekämpfen, ihn im Interesse des Lebens einschränken oder gar vernichten? - Ich glaube, dass eine solche Konfrontation genau den Fehler der Trennung zwischen Denken und Fühlen wiederholt und grundfalsch ist.Dazu kommt, dass, wer den Siegeszug des Computers verhindern will, ziemlich sicher seine Stärkung bewirkt, die Erhöhung der Wahrscheinlichkeit seiner Herrschaft. Weil nämlich schwach ist, wer den Computer nicht kennt, im Vergleich mit dem, der ihn zu seinen Zwecken einsetzt.

Man darf nicht vergessen: der Computer ist ein Bestandteil einer kulturellen Evolution. Er ist nicht denkbar ohne den Untergrund der biologischen Evolution,welche das rationale Denken hervorgebracht hat. Ein wesentliches Merkmal der erfolgreichen Evolution lebendiger Systeme ist ihr Vermögen, Bedingungen, die ihnen auferlegt sind, in irgendeiner Form in sich selbst zu integrieren, dh die Möglichkeit herauszubilden, mit Innovationen umzugehen. Der Computer, den die einen erfunden und verbessert haben, ist für die anderen, für alle späteren Menschen, eine solche auferlegte Bedingung. Natürlich operiert die kulturelle Evolution nicht gleich wie die biologische; doch dürfte eine allgemeiner Gemeinsamkeit bestehen, die wir noch nicht verstehen.

Die Frage ist also nicht, ob wir den Computer wollen oder nicht, sondern auf welche Art und Weise wir den Computer in die menschliche Lebenswelt integrieren.


Mittel zum Zweck oder Entwicklungs-Partner?


Es gibt zwei unterschiedliche Verwendungsweisen des Computers. Manchmal sind sie nicht leicht auseinanderzuhalten, und doch sind sie grundverschieden.

Wie die mechanischen Maschinen kann man den Computer einsetzen als Verstärkerder Kraft, die der Mensch ohnehin hat: der Denkkraft, wenn man so sagen kann.Der Computer rechnet um Potenzen mehr, schneller und zuverlässiger. Der Computer verarbeitet

[Dieser Entwurf bricht hier ab. Der Gedanke ist aber in anderen Arbeiten aus der Zeit ausgeführt worden.]

Aufsatztext, erster Versuch
    Einleitung
        Gegensatz linear-algorithmisches vs systemisch-ganzheitliches Denken
        In der Gemeinschaft der Wissenschaftler haben sich derzeit zwei allgemein-methodologische Traditionen herausgebildet, die hier als linear-algorithmisches  und systemisches oder ganzheitliches Denken bezeichnet werden sollen. Die Kontroverse läuft teils zwischen Disziplinengruppen, teils innerhalb von Disziplinen, nicht selten spaltet sie sogar Kopf  und Herz einzelner Wissenschaftler; sie mag teils an unterschiedliche Gegenstandsbereiche gebunden sein, teils hat sie mit den gesellschaftlichen Bedingungen und den Zielsetzungen von Wissenschaft, auch mit Mehrheiten und Minderheiten von Wissenschaftlern, zu tun; mannigfaltig sind frühere Kontroversen ähnlichen Charakters in der Geschichte des Denkens, so wohl auch der neuzeitliche Gegensatz zwischen Wissenschaft und Mythen oder Kunst. Das alles soll hier nicht verfolgt werden.
       
        Das Elend des systemischen Denkens fruchtbar machen
        Wer aber als Wissenschaftler sich weder einem blanken Positivismus verkauft hat noch anderseits bereit ist, auf Geregeltheit und Nachvollziehbarkeit seines Denkens zu verzichten, wird schon erlebt haben, dass eine sogenannte systemische Darstellung eines Sachverhalts — zB Entstehung und Heilung einer Krankheit, Wandel einer Lebensweise — dem Gutwilligen einleuchtet, den Kritischen jedoch anders als ein funktionierender Algorithmus nicht bezwingt. Manche sind bereit, um guter Ziele willen und angesichts der Komplexität der Wirklichkeit solches Elend systemischen Denkens für vorläufig zu halten, gewissermassen getreu ihrem Grundsatz auch ihre Hoffnungen ins System einzubeziehen. Ich möchte hier versuchen, meine Faszination zusammen mit meiner Skepsis dialektisch fruchtbar zu machen und möglichen Gründen der Schwierigkeiten systemischen Denkens nachzugehen, die wenn sie sich als stichhaltig erweisen sollten, auch neue Entwicklungen einleiten könnten.
       
    Hauptteil
        Herleitung und Abgrenzung einer Unterscheidung von zwei Informationsformen oder -phasen
            Emergierende Gebilde als Prozessverdichtungen
            Im folgenden unternehme ich den Versuch, die allgemeine Methodologie der Wissenschaften draufhin zu überprüfen, ob die Eigenschaften des Repräsentationsmediums den mutmasslichen Eigenschaften des Gegenstandsbereiches angemessen sind. In der Regel wird diese Entsprechung nur gegenstandsbereichs- oder methodenspezifisch geprüft; hier möchte ich die Frage in allgemeiner Hinsicht verfolgen.
           
            Ich gehe davon aus, dass Wissenschaft ein Ausdruck eines Zeichenprozesses ist, in welchem semiotische Subjekte auf Gegenstandsbereiche verweisende Zeichensysteme entwickeln. Dabei konstituieren sich Abgrenzungen (Gliederungen, Einheiten), Merkmale (Qualitäten und Quantitäten) sowie Relationen (Ordnungen, Prozesse), von denen nie ganz klar ist, ob sie infolge von Eigenheiten des Bezeichneten, der Bezeichnenden oder der Zeichen gerade so sind wie sie sind. In den meisten Erkenntnissen stecken alle drei Konstituierenden kaum wirklich voneinander trennbar drin: wie sich die Welt geltend macht, wie unsere perzeptiv-kognitiven "Brillen" funktionieren und welche Sprachspielregeln benutzt werden.
           
            Ein Konsens besteht, dass der Zeichenprozess "Gebilde" betrifft, welche durch Konzepte wie Raum, Zeit, Dichte, Kraft, Wechselwirkung, Ordnung usw. beschreibbar sind. Es gelingt uns offensichtlich in vielen Fällen ausgezeichnet, Repräsentationssysteme in Form von logischen Mustern, mathematischen Gleichungen, Simulationsalgorithmen, raumzeitlichen Modellen, verbalen Metaphern u.dgl. zu entwickeln, welche den Umgang mit grossen Teilen der Welt beträchtlich erleichtern.
           
            Masse und Energie vs. Information
            Allerdings muss sofort festgestellt werden, dass diese Zeichensysteme bislang vorwiegend dann erfolgreich sind, wenn sie Gegenstandsbereiche betreffen, welche mit "Masse und Energie" zu kennzeichnen sind. Nur eingeschränkt gültig erweisen sie sich im Phänomenbereich des Lebendigen und schon eher unzulänglich in den  Bereich des Kulturellen und Geistigen. Das mag seine einfache Begründung im konkreten Lauf der Erkenntnisgeschichte haben; es könnte aber auch mitspielen, dass geistige Tätigkeit sich leichter entfaltet und vor allem  leichter vermittelbar ist, wenn der Bezug auf konkrete Gegenstände und Ziele stark ist (Empirie und Technik). Zeichensysteme in Form von Modellen, Theorien,  Handlungsanweisungen usw. haben dann instrumentellen Charakter und erscheinen  im Verhältnis zu ihren "Objekten" sekundär. Dass man dieses Verhältnis auch umgekehrt sehen kann, hat Plato unwiderlegbar gezeigt, und seit Kant sollte eigentlich klar sein, dass weder das eine noch das andre absolut gesetzt werden darf.
           
            Dennoch ist plausibel, dass in einer vorwiegend objektivierenden Kultur wie der unsrigen der instrumentelle Charakter der Zeichensysteme erschwert, dass man sich ihnen als Gegenstandsbereich sui generis zuwendet. Zeichensysteme über Zeichensysteme als Signifikandum zu entwickeln muss dann als Selbstzweck, Art pour l'Art, erscheinen und gehört nicht in den Kreis des Ringens um Erkenntnis und Macht. So weit ich sehe, existiert ein einziges solches Zeichensystem über Zeichensystem im allgemeinen — alle andern Metamethoden sind bereichsspezifisch – nämlich die Informationstheorie; und auch diese ist nicht nur zuerst in einem technischen Kontext entwickelt worden, sondern sondern kommt trotz allgemeinerer Absichten auch nur fast dort zum Tragen.
           
            Allerdings ist um die Mitte dieses Jahrhunderts klar geworden, dass Lebewesen zwar Materie und Energie verarbeitende Gebilde sind, in erster Linie aber doch wohl als Informationsaufnehmer, als Informationsverdichter und -träger sowie als Informationsabgeber verstanden werden müssen. In noch stärkerem Mass gilt Ähnliches für psychisch-geistige, für soziale und für kulturelle Gebilde: mit guten Gründen kann man die Psychologie als die Wissenschaft vom Informationsaustausch von Individuen mit ihrer Umwelt verstehen, analog zur Biologie als der Wissenschaft vom Stoffwechsel von  Organismen mit ihrer Umgebung.
           
            Informationsbegriff, -theorie
            Es scheint mir nun erhellend, wesentliche Züge der Informationstheorie, insbesondere ihre axiomatischen Grundlagen, herauszuschälen. Der Begriff der Information  dürfte, wenn man ihn nicht informationstheoretisch präjudiziert, einer der schwierigsten wissenschaftlichen Begriffe überhaupt sein, obwohl (oder weil) intuitives Wissen über Information sich von selbst versteht und der empirische Umgang damit in vielen Bereichen und in mancherlei Hinsicht gelingt.
           
            Der formelle Begriff der Information erwuchs aus dem Ziel, in technischen Systemen vor allem Sinn, und nicht bloss Materie oder Energie von einem Ort an einen andern zu übertragen. Natürlich hatte man das schon lange gemacht, indem Botschaften vermittelt und verbreitet wurden; aber im Zuge der Aufwand-Nutzen-Optimalisierungsaufgabe von Nachrichtenübertragungssystemen führte die Frage nach der Verhältnismässigkeit von Aufwand und Fehlertoleranz zu neuen Einsichten.
           
            Die Lösung ist im Rückblick einfach: der Sinn wurde darin gesehen, dass der Empfänger einer Botschaft die vom Sender ausgehende Botschaft richtig rekonstruieren kann, nämlich gerade in jenen Aspekten, auf die es beim Sender ankommt; keine Rolle spielt es hingegen, was dazwichen mit der Botschaft geschieht. Zwar ist die Information in jedem Fall an Materie oder Energie gebunden; aber weder die Bewahrung eines ganz bestimmten Materieklumpens noch die Beibehaltung der Energieform oder -stärke usf. ist relevant. Offenbar liegt der Sinn der Botschaft in einem Ordnungsprinzip, welchem die informationstragende Materie oder Energie beim Sender und beim Empfänger in einer entsprechenden Weise unterliegen muss. Zur Veranschaulichung denke man an die Anordnung von Druckerschwärze auf Papier oder an Morsezeichen, welche auf einer Tate gedrückt werden oder eine Lampe aufleuchten oder einen Summer ertönen lassen.
           
                Analog und Digital
                Quantität und Qualität
            Speicherung und Fluss
            Ökonomie der Informationsübertragung
        Kristalloïde und flüssige Information

    Schluss
        Perspektivenwechsel unter Reversibilitätsgewinn
        Die vorstehenden Gedanken sind vielleicht nicht leicht nachvollziehbar, oder sie können sich im weiteren Verfolg als brüchig erweisen. Sie möchten dennoch eine Haltung exemplifizieren, die ich in der Wissenschaftsentwicklung als notwendig (!) empfinde und an anderer Stelle als Perspektivenwechsel unter Reversibilitätsgewinn charakterisiert habe (Lang 1988). Unter der Voraussetzung, dass wir unsere Welt des Physischen, des Lebendigen, des Geistigen, des Kulturellen als eine evolutives System mit emergierenden Eigenschaften begreifen können, müssen wir festellen, dass Naturwissenschaft ein Verständnis dieses Systems von "unten" her sucht, sozusagen mit den emergierenden Eigenschaften fortschreitend; das führt zwingend zu Blindheit für Charaktere auf den oberen Stufen. Andere Verständnis- und Bewältigungsversuche, etwa die Mythensysteme, sind umgekehrt "oben" eingestiegen; ihnen droht leicht das Scheitern an den Realitäten der tragenden Systemebenen. So unentbehrlich die beiden Zugänge je für sich sind, so können sie doch auf Dauer nur bestehen, wenn ein tragfähiger Brückenschlag zwischen ihnen gelingt.
       

Informationsformen – ein Versuch das binärlogische Systemdenken zu überwinden
    Vorauszusamenfassung
    Wenn wir sogenannte Systeme beschreiben, verwenden wir oft eine eigene "systemische" Sprache. Für den wissenschaftlichen Diskurs müssen wir diesen Jargon in eine binärlogische Form übersetzen, dh wir müssen alle Begriffe und Relationen so verwenden, dass für sie der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gilt. Die Wissenschaftler scheinen dieser Forderung entweder mit Abgrenzungssetzungen zu entsprechen oder ihr auszuweichen. Das erste ist bei menschgemachten, maschinellen Systemen angemessen und bei manchen physiko-chemischen Systemen möglich; bei Systemen mit biologischen, psychologischen und soziologischen Inhalten bleibt jedoch nicht selten unscharf oder mehrdeutig, was die "Kästchen" darstellen und was über die "Pfeile" fliesst. Hier wird deshalb die These vertreten, dass die  Binärlogik den ökologischen Systemen nicht gerecht werde. Derzeit verfügen wir über eine einzige allgemeine Theorie der Information, die binärlogische Informationstheorie. Lässt sich ein  dem Geschehen in komplexen System adäquater Informationsbegriff denken? Und gibt es Möglichkeiten der Strukturbeschreibung, welche der Ganzbestimmtheit von Teilen gerecht wird?
   
    Im folgenden möchte ich diese Aussagen erläutern. Ich werde die verwendeten Begriffe umschreiben und den Nachvollzug der These unterstützen. Ob in der skizzierten Ausweitung des Informationsbegriffs eine Zukunft liegt, wird dessen Konkretisierung in vielen Disziplinen erweisen müssen.
   
    Was sind Systeme?
    Anerkanntermassen ist das Sprechen über Systeme, so leicht es über die Zunge geht, ausserordentlich schwierig und in den Wissenschaften kontrovers. Es lohnt sich deshalb, zu ergründen, woran das liegen könnte. Ist ein Paradigmenwechsel im Gang, also die Relativierung gegenwärtiger Denkweisen als Spezialfall einer umfassendere Sicht? Oder geht es bloss um die permanente Auseinandersetzung zwischen einer Mehrheit und einer Minderheit, wobei kulturgeschichtliche Entwicklungen auch in die Wissenschaften gespiegelt werden, letztlich aber eher Fragen des Menschenbildes, der Weltanschauung, der Macht betreffen als solche der Erkenntnis? Oder geht es vielleicht um unterschiedliche Gegenstände: sprechen die Gegner und die Anhänger des Systemdenkens von verschiedenen Weltausschnitten? Oder liegt es an der Verschiedenheit von Methoden, mit der Systeme beschrieben und erklärt werden? Ich meine, alle vier Ebenen spielen möglicherweise mit, möchte mich aber hier vor allem dem Methodischen zuwenden.
   
    Systeme sind nicht in der Wirklichkeit gegeben, sondern durch unsere Betrachtungsweise der Wirklichkeit konstituiert. Mit der Bezeichnung System  verweisen wir auf Wirklichkeitsausschnitte, welche  wir aussondern  können, welche in Teile gegliedert erscheinen und welche sich  geregelt (systematisch) verhalten.
   
        Aussonderung verbunden mit Offenheit oder Figur und Grund
        Binnengliederung: ist das Ganze nur mehr oder auch etwas anderes als die Summer seiner Teile?
        Regel- und Gesetzhaftigkeit
 
   Was ist Binärlogik?

    Was sind Systemkomponenten?
    Was fliesst zwischen Systemkomponenten?
    Der allgemeine Informationsbegriff
    Kristalloïde und fluïde Information


(7) Lang, Alfred (1987-03) Zum Bildungswert der Informatik. Vortrag an der Tagung, Bernischer Gymnasiallehrerverband, Burgdorf, 11.11.87.

@HumComp @Educ @CuPsy


(6) Lang, Alfred (1987-07) TWINKEY: Twin-Key-Mouse / Zwillings-Tasten-Maus: Projekt für ein universelles Computer-Daten- und Befehlseingabegerät. Psychol. Inst. Univ. Bern. 12 Pp. Manuscript,

@HumComp @Act

Ein Projekt zur Entwicklung einer Computer-Eingabe-und Steuerunges-Einrichtung zur Bedienung mit einer oder zwei Händen.


(5) Lang, Alfred (1986-02) Der Griff des Binärsystems nach der Seele (Artificial intelligence und Psychologie). Collegium Generale der Universität Bern. Vortrag, Bern, 24.2.86.

@HumComp @EnvPsy


(4) Lang, Alfred (1985) Die Computer nicht allein den Technikern überlassen! Technische Rundschau. 58-61 Pp.

@HumComp @EnvPsy

Adaptation von 1984 ????


(3) Lang, Alfred (1984-01) Von der Verantwortung der Psychologen für die intelligenten Maschinen. Bulletin der Schweizer Psychologen (BSP) 5(8, September) 263-273.

@HumComp @SciPol

Zusammenfassung: Von der Verantwortung der Psychologen für die intelligenten Maschinen. Es wird für eine aktivere Rolle der Psychologen in der Gestaltung einer Informatik-bestimmten Welt plädiert. Vor allem sollte uns die Frage der gemeinsamen Systembildungen von Menschen und Computern interessieren. Neben ergonomisch-technischen und organisationspsychologischen Problemen sind besonders auch die kognitionspsychologischen und die epistemologisch-anthropologischen Folgen der Informatisierung unserer Kultur wichtigen Aufgaben der Psychologie. Der Verfasser skizziert einige Einsichten und Anregungen. Dabei unterscheidet er den instrumentellen, auf technische Zielerreichung gerichteten Computereinsatz von einem partnerschaftlich-reflexiven, bei dem die aktuellen und überdauernden Wirkungen auf den computerbenützenden Menschen ebensosehr oder mehr interessieren als seine Leistungen.


(2) Lang, Alfred (1983-01) Mensch und Computer: Bedrohung oder Chance? Unipress. Vol. 41. 26-31 Pp.Dezember.

@HumComp @EnvPsy


(1) Lang, Alfred (1982-10) Textverarbeitung im arbeitspsychologischen Vergleich. Mikro- und Kleincomputer. Vol. 4. 27-31 Pp.

@HumComp @Act

Psychologisch-ergonomischer Vergleich zwischen den Textverarbeitungsapplikationen "Wordstar" und "Spellbinder". Betont wird das Verhältnis des Benutzers zu seinem Text und der Maschine.

 


Alfred Lang's Homepage | Top of Page

© 1998 by Alfred Lang, scientific and educational use permitted, last revised 98.03.16; 2003.12.10